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Brigitte Sell-Kanyi Rechtsanwältin

Lockerung des Kündigungsschutz in Kleinbetrieben

16. Feb 2015

Gem. § 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Die Anforderungen des Gesetzes und der Arbeitsgerichte an die soziale Rechtfertigung einer Kündigung sind recht hoch.

Lockerung des Kündigungsschutzes

Viele Arbeitgeber haben daher die Lockerung des Kündigungsschutzes verlangt, um flexibler agieren und reagieren zu können. Seit dem 01.01.2004 besteht allgemeiner Kündigungsschutz erst bei mehr als 10 Arbeitnehmern im Betrieb. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Arbeitnehmer in Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Mitarbeitern frei gekündigt werden dürfen. Zum einen müssen die Übergangsvorschriften beachtet werden, und zum anderen hat die Rechtsprechung neben dem gesetzlichen besonderen Kündigungsschutz einen allgemeinen Kündigungsschutz auch in Kleinbetrieben entwickelt. Bei der Berechnung der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer sind auch Teilzeitbeschäftigte nach Dauer der vereinbarten Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden sind mit 0,5 zu bewerten und bei nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75. Auszubildende werden nicht mitgerechnet.

Bestand für die „alten“ Mitarbeiter vor dem 01.01.2004 Kündigungsschutz, so fällt dieser durch die Neuregelung nicht weg.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

  1. Nach dem 01.01.2004 eingestellte Arbeitnehmer fallen nur dann unter den Kündigungsschutz, wenn in dem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden, wobei alte und neue Arbeitnehmer zusammengerechnet werden.
  2. „Alte“ Arbeitnehmer fallen auch dann unter den Kündigungsschutz, wenn mehr als 5 „alte“ Arbeitnehmer beschäftigt werden.
  3. Sinkt die Zahlt der „Alt-Beschäftigten“ allerdings auf 5 oder weniger, so verlieren auch diese den Kündigungsschutz. Erst, wenn wieder mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden, erlangen sie den Kündigungsschutz zurück.

Neben dem allgemeinen gesetzlichen Kündigungsschutz nach dem KSchG gibt es noch zahlreiche Spezialvorschriften, nach denen es dem Arbeitgeber verboten sein kann, einem Mitarbeiter zu kündigen. Diese Verbote sind unabhängig von der Geltung des KSchG zu beachten. Zu nennen ist insbesondere der besondere Kündigungsschutz für

  • Schwangere und Wöchnerinnen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG)
  • Schwerbehinderte (§§ 85 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) IX)
  • Mitarbeiter im Erziehungsurlaub (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG).

Ohne Anwendung des KSchG oder Sondervorschriften kann ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich von beiden Seiten jederzeit unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist wirksam gekündigt werden, ohne dass für den Arbeitgeber ein Kündigungsgrund im Sinne des KSchG vorliegen muss. Allerdings sind Arbeitnehmer im Kleinbetrieb vor einer sittenwidrigen und treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts geschützt (§§ 138, 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

In folgenden Fällen ist eine Kündigung daher auch in Kleinbetrieben unwirksam:

  1. Verstoß gegen die guten Sitten
    Beispiel: Verwerfliches Motiv des Kündigenden, z.B. Rachsucht, Kündigung wegen Krankheit, die der Arbeitgeber selbst herbeigeführt hat.
  2. Treuwidrige Kündigung
    Kündigung, nachdem der Arbeitgeber dem Mitarbeiter ein Fehlverhalten verziehen hat.
    Kündigung zur Unzeit, etwa am Tag einer schweren Operation.
    Kündigung in ehrverletzender Form, etwa vor versammelter Belegschaft.
    Kündigung, die den Mitarbeiter wegen Geschlecht, Abstammung, Rasse oder Glauben diskriminiert.
    Kündigung als Maßregel, weil ein Mitarbeiter ihm zustehende Rechte geltend gemacht hat (z.B. in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren).
    Geringfügige Störung bei langjährigem Arbeitsverhältnis rechtfertigt ohne vorherige Abmahnung keine Kündigung.
  3. Willkürkontrolle bei Auswahlentscheidungen
    Bei einer betriebsbedingten Kündigung ist ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme erforderlich. Danach darf auch in einem Kleinbetrieb einem erheblich schutzwürdigeren Mitarbeiter nicht ohne berechtigte Interessen vor einem weniger schutzwürdigen Mitarbeiter gekündigt werden.

Fazit

Auch die Kündigung in einem Kleinbetrieb lässt sich entweder aufgrund der Übergangsregelungen nach dem KSchG überprüfen oder es gilt der von der Rechtsprechung entwickelte Kündigungsschutz in Kleinbetrieben, so dass eine solche Kündigung nicht hingenommen werden muss. Da eine entsprechende Feststellungsklage allerdings innerhalb von 3 Wochen seit Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht zu erheben ist, sollte unbedingt unmittelbar nach Zugang der Kündigung anwaltlicher Rat eingeholt werden.

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