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Brigitte Sell-Kanyi Rechtsanwältin

Skiunfall im Skiurlaub – Rechts vor links auf der Piste?

10. Jan 2014

Die Ski- und Snowboardsaison ist in vollem Gange. Damit beginnt auch für die Pistenwacht und Unfallärzte die Hochsaison, denn jeden Winter verletzten sich Zehntausende Deutsche. Dabei gelten auch dort „Verkehrsregeln“, an die sich alle Skifahrer und Snowboarder halten sollten. Was für den Autofahrer die Straßenverkehrsordnung, sind für Skifahrer und Snowboarder die weltweit gültigen Verhaltensregeln des Internationalen Ski Verbandes FIS (Fédération Internationale de Ski). Sie dienen auch dazu einen Skiunfall zu vermeiden.

Überblick über die 10 FIS-Regeln

  1. Rücksichtnahme
    Jeder Skifahrer und Snowboarder muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
  1. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise
    Jeder Skifahrer und Snowboarder muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
  1. Wahl der Fahrspur
    Der von hinten kommende Skifahrer und Snowboarder muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer und Snowboarder nicht gefährdet.
  1. Überholen
    Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder von links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer oder Snowboarder für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
  1. Einfahren, Anfahren und hangaufwärts Fahren
    Jeder Skifahrer und Snowboarder, der in eine Abfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
  1. Anhalten
    Jeder Skifahrer und Snowboarder muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer oder Snowboarder muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.
  1. Aufstieg und Abstieg
    Ein Skifahrer oder Snowboarder, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.
  1. Beachten der Zeichen
    Jeder Skifahrer und Snowboarder muss die Markierung und die Signalisation beachten.
  1. Hilfeleistung
    Bei Unfällen ist jeder Skifahrer und Snowboarder zur Hilfeleistung verpflichtet.
  1. Ausweispflicht
    Jeder Skifahrer und Snowboarder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.

Diese FIS-Regeln werden als Gewohnheitsrecht gehandhabt. Gesetzescharakter haben sie nicht, allerdings werden sie von den Gerichten als Maßstab für die Ermittlung des jeweiligen Verschuldens an einem Unfall herangezogen. Die deutsche Rechtsprechung geht beispielsweise davon aus, dass denjenigen, der sich an die FIS-Regeln gehalten hat, in der Regel keine Pflichtwidrigkeit trifft.

Haftung nach Skiunfall – Der Fall

Ein vorderer/unterer Skifahrer fuhr auf einer etwa 20 Meter, relativ steil abfallenden als mittelschwer gekennzeichneten roten Piste mit lang gezogenen Carving-Schwüngen am linken Pistenrand aus Fahrtrichtung gesehen. Um am rechten Pistenrand in einen Ziehweg einzubiegen, fuhr er dann von links zur Pistenmitte und schwenkte schließlich ganz nach rechts ab. Der von oben ankommende Skifahrer fuhr weiter rechts am Pistenrand mit kurzen Schwüngen in der Falllinie. Er näherte sich von hinten mit etwas höherer Geschwindigkeit dem vorderen/unteren Skifahrer und stieß mit diesem unmittelbar bei dessen Abbiegevorgang nach rechts zusammen. Es kam zu einem Skiunfall.

Das Landgericht Ravensburg verurteilte den hinteren/oberen Skifahrer wegen alleinigen Verschuldens an dem Skiunfall zu einem angemessenen Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 EUR aufgrund der erlittenen Kompressionsfraktur der Brustwirbelsäule, Querfortsatzfrakturen der Lendenwirbelsäule sowie einer Rippenserienfraktur des vorderen/unteren Fahrers.

Nach Auffassung des Landgerichtes musste der von hinten/oben kommende Skifahrer, der sich dem vorderen/unteren Skifahrer mit höherer Geschwindigkeit genähert hatte, seine Fahrspur und seine Geschwindigkeit nach der FIS-Regel 3 so wählen, dass der vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet und sein Vorrangrecht nicht aufgehoben wird. Die Einhaltung dieser FIS-Vorrang-Regel bedeutet für den hinteren/oberen Skifahrer auch, dass er die in FIS-Regel 2 normierte Sorgfaltspflicht des beherrschten Fahrens auf Sicht beachten muss.

Dem vorderen/unteren Skifahrer konnte auch kein Mitverschulden an dem Zusammenstoß entgegengehalten werden. Als Vorausfahrender kann er die Vorrangsregelung für sich in Anspruch nehmen und muss nicht nach oben oder gar rückwärts schauen, denn hierdurch würde er seinerseits den Blick und die Aufmerksamkeit auf untere Skifahrer vernachlässigen.

Somit hatte der vordere Skifahrer nicht gegen die FIS-Regel 1 verstoßen, wonach jeder Skifahrer sich stets so verhalten muss, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.

Fazit

Der obere Skifahrer muss also mit allen Bewegungen rechnen, die vernünftiger-/vorausschauenderweise vom unteren Fahrer im jeweiligen Gelände erwartet werden müssen. Dies können enge oder weite Schwünge sein, auch Schrägfahrten und große Bögen, jederzeitige Richtungswechsel und plötzliches Anhalten.

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