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Brigitte Sell-Kanyi Rechtsanwältin

Straßenverkehrsrecht – Ersatz des Fahrzeugschadens

01. Feb 2014

Bei den meisten Verkehrsunfällen ohne Personenschaden ist der Schaden am eigenen Fahrzeug die wichtigste Schadenposition. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, sein Fahrzeug tatsächlich reparieren zu lassen, um Schadensersatz für den Fahrzeugschaden beanspruchen zu können. Er kann auch auf Gutachtenbasis „fiktiv“ abrechnen.

Fahrzeugschaden ein Totalschaden?

Handelt es sich um einen größeren Schaden, stellt sich oft die Frage, ob der Schaden auf der Basis der Reparaturkosten oder als sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden abzurechnen ist. In der Rechtsprechung werden in diesem Zusammenhang bestimmte Fachbegriffe verwendet, von denen hier die nachfolgenden erläutert werden.

Wiederbeschaffungswert

Der Wiederbeschaffungswert ist der Betrag, den der Geschädigte zur Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs aufwenden müßte. Der Wiederbeschaffungswert soll also den Wert des Fahrzeugs vor dem Fahrzeugschaden darstellen.

Restwert

Der Restwert ist der Betrag, zu dem der Geschädigte das Fahrzeug im beschädigten Zustand verkaufen könnte. Der Restwert soll somit den Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall repräsentieren.

Wiederbeschaffungsaufwand

Der Wiederbeschaffungsaufwand ist derjenige Betrag, den der Geschädigte benötigt, um sich nach Verkauf des beschädigten Fahrzeugs ein gleichwertiges Fahrzeug anzuschaffen. Der Wiederbeschaffungsaufwand ist also die Differenz aus Wiederbeschaffungswert und Restwert. Im Falle einer Totalschadensabrechnung wird der Schaden auf dieser Basis reguliert.

Kalkulierte Reparaturkosten

Die vom Sachverständigen ermittelten und in seinem Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten.

Konkrete Reparaturkosten

Derjenige Betrag, den der Geschädigte tatsächlich aufwenden muss, um sein Fahrzeug reparieren zu lassen.

Berücksichtigung des Integritätsinteresse

Sind die kalkulierten Reparaturkosten höher als der Wiederbeschaffungsaufwand, ist eine Totalschadensabrechnung heranzuziehen. Die Rechtsprechung erkennt aber an, dass der Geschädigte sein ihm vertrautet Fahrzeug nicht gegen ein anderes austauschen möchte (Integritätsinteresse), so dass bei höheren kalkulierten Reparaturkosten als der Wiederbeschaffungsaufwand zu prüfen ist, ob der Geschädigte dennoch Schadensersatz auf der Basis der Reparaturkosten erhalten kann.

Es werden drei Konstellationen unterschieden:

  1. Die kalkulierten Reparaturkosten sind geringer als der Wiederbeschaffungswert
    In diesem Fall steht dem Geschädigten der kalkulierte Wiederbeschaffungsaufwand zu. Nutzt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug (gegebenenfalls nach einer Notreparatur) weiterhin und weist er nach, dass er das Fahrzeug nach dem Unfall noch sechs Monate lang genutzt hat, so kann er auf der Basis der kalkulierten Reparaturkosten abrechnen, d.h. er kann den Differenzbetrag verlangen, um den die kalkulierten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigen. Wird das Fahrzeug fachgerecht repariert, kann der Geschädigte eine Abrechnung auf Basis der Reparaturkosten verlangen ohne die sechsmonatige Wartefrist einhalten zu müssen, soweit er beabsichtigt, das reparierte Fahrzeug noch mindestens sechs Monate weiter zu nutzen. Wenn der Geschädigte das Fahrzeug verkauft, erhält er den Wiederbeschaffungsaufwand, falls dieser geringer ist als die kalkulierten Reparaturkosten.
  1. Die kalkulierten Reparaturkosten sind höher als der Wiederbeschaffungswert, aber um nicht mehr als 130 Prozent
    Wenn der Geschädigte das Fahrzeug weiterhin nutzt und keine oder nur eine Teil- oder Billigreparatur durchführt, erhält er den Wiederbeschaffungsaufwand. Auf eine Weiternutzung des Fahrzeugs kommt es in diesem Fall nicht an. Weist der Geschädigte eine fachgerechte Reparatur des Fahrzeugs nach und hat er die Reparaturkosten einer Fachwerkstatt beglichen, so kann er sofort die Erstattung der verauslagten Reparaturkosten verlangen. Er muss also nicht zunächst durch eine sechsmonatige Weiternutzung des Fahrzeugs sein Integritätsinteresse nachweisen. Bei einem Verkauf des Fahrzeugs spielt das Integritätsinteresse keine Rolle. Der Geschädigte kann also auch hier nach der für ihn günstigsten Abrechnungsmethode abrechnen. Das ist hier der Wiederbeschaffungsaufwand.
  1. Die kalkulierten Reparaturkosten sind höher als 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes
    Sind die kalkulierten Reparaturkosten höher als 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes, wird auf Totalschadensbasis abgerechnet. Anderes kann jedoch gelten, wenn der Geschädigte eine Möglichkeit nachweist, eine fachgerechte Reparatur zu einem Preis zu erhalten, der noch innerhalb der 130-Prozent-Grenze liegt und diese fachgerechte Reparatur auch tatsächlich durchgeführt hat.

 

Fazit

Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, sich stets auf eine Totalschadensabrechnung einzulassen, nur weil diese für den Gegner günstiger ist als der Ersatz der kalkulierten Reparaturkosten.

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