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Brigitte Sell-Kanyi Rechtsanwältin

Weihnachtszeit – Haftung bei Kerzen, Adventskranz, Tannenbaum und Feuer im Haushalt

03. Dez 2013

In der Weihnachtszeit sind durch brennende Kerzen ausgelöste Brände leider ein ständiges Streitthema zwischen Versicherungen und deren Kunden. Kommt es zu einem Brand, steht für Haushaltsschäden grundsätzlich die Hausratversicherung ein. Eine Frage stellt die Haftung dar. Voraussetzung ist, dass der Versicherte nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Nachfolgend sind zwei relevante Fallgruppen dargestellt.

Kinder

Wer einem 6-jährigen Kind die Aufgabe überträgt, auf brennende Kerzen aufzupassen, handelt grob fahrlässig (Amtsgericht Eisenhüttenstadt – 6 C 566/01 -). Im zugrunde liegenden Fall kam es zu einem Wohnungsbrand, der durch eine mit brennenden Kerzen bestückte Weihnachtspyramide ausgelöst wurde. Der Versicherungsnehmer hatte das Wohnzimmer verlassen, in welchem die Weihnachtspyramide stand. Er nahm ein Bad. Nur ein 6-jähriges Kind war noch im Zimmer, das aber den Brand nicht verhinderte.

Nach dem Urteil des Landgerichtes Bielefeld ( – 21 S 166/06 -) stellt es eine grob fahrlässige Aufsichtspflichtverletzung dar, wenn ein 8-jähriges Kind unbeaufsichtigt Teelichter mit Streichhölzern anzünden kann. Allerdings ist mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt a.M. (- 3 U 104/05 -) festzustellen, dass das Überlassen einer Wunderkerze an ein Kind nicht grob fahrlässig ist, auch dann nicht, wenn dieses jung ist, die Wunderkerze selbständig hält und durch den Funkenschlag der Weihnachtsbaum in Brand gerät. Anders sieht das nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm (- 9 U 219/96 -) aber aus, wenn man die Wunderkerzen so aufbewahrt, dass das 6-jährige Kind sich selbständig daran bedienen kann und diese unbeaufsichtigt nutzt.

Der Bundesgerichtshof (- VI ZR 205/89 -) hat die Pflichten dessen, was Eltern im Allgemeinen tun müssen, um ihrer Aufsichtspflicht zu genügen, wie folgt gefasst:

„Es ist Aufgabe der Eltern, ihre Kinder über die Gefahren des Umgangs mit Feuer eindringlich und nachhaltig zu belehren. Hierzu gehört auch, sie mit gleicher Eindringlichkeit davor zu warnen, anderen Kindern bei dem Entfachen und dem Unterhalten eines Feuers in irgend einer Weise zu helfen oder sie dazu anzustiften.“

Der nicht ausgeblasene Adventskranz

Die Haftung ist eine Betrachtung des konkreten Einzelfalls. Angezündete Kerzen eines Adventskranzes auf Grund eines Telefonats für ca. 2 Minuten aus den Augen zu lassen ist nach Ansicht des Oberlandesgericht Hamm (- 20 U 297/88 -) jedenfalls nicht grob fahrlässig, wenn im Einzelfall keine Gefährdung zu erwarten war: Hier ging es um eine 8 cm hohe, erst seit etwa 1/2 Stunde brennende Stumpenkerze, die auf einem trockenen Adventskranz befestigt war und für 2 bis 10 Minuten unbeobachtet blieb.

Und selbst wenn man die Wohnung ganz verlässt, wird die Beweisfrage ein Thema sein. In dem der Entscheidung des Oberlandesgericht Köln (- 9 U 150/94 -) zugrunde liegenden Sachverhalt konnte nicht geklärt werden, ob die Kerzen wirklich beim Verlassen der Wohnung brannten, oder ob beim (schnellen) Ausblasen der Kerzen ein Funkenflug auftrat, der später den Kranz entzündete. Wer aber die Wohnung verlässt und die Kerzen brennen lässt – auch für nur einen kurzen Besuch des Nachbarn – der handelt grob fahrlässig (Oberlandesgericht Hamburg – 5 U 231/92 -, Oberlandesgericht Oldenburg – 2 U 300/00 -). Die Größe der Kerzen spielt dabei keine Rolle, denn auch umfallende Kerzen können Brände verursachen; es kommt also nicht auf das Herunterbrennen an. Das gilt auch dann, wenn man nur ein Zimmer weiter ist, etwa in der Küche mit seinen Gästen isst, während der Adventskranz im Wohnzimmer zurückgelassen wird (Oberlandesgericht Düsseldorf – 4 U 259/84 -), nicht jedoch, wenn es nur kurzfristig ist (Landgericht Mönchengladbach – 10 O 141/98 -), oder wenn man geplant zur Toilette geht und dann ungeplant wegen Klingelns zur Wohnungstür geht (Landgericht Nürnberg-Fürth – 7 S 4333/01 -).

Es gibt auch Sonderfälle, bei denen die Rechtsprechung bzgl. der Haftung keine grobe Fahrlässigkeit annimmt, wenn man brennende Kerzen zurücklässt, so etwa wenn wegen des Liebesspiels der Weihnachtskranz vergessen wird (Oberlandesgericht Düsseldorf – 4 U 182/98 -) oder wenn eine stark heruntergebrannte Kerze übersehen wird (Landgericht Münster – 10 O 173/83 -). Auch wenn schlicht vergessen wird – also nicht vorsätzlich -, Kerzen zu löschen, handelt es sich hierbei durchaus um einen Schaden, den die Versicherung zu ersetzen hat (Oberlandesgericht Hamm – 20 U 320/83 -). Das gilt nicht, wenn man sich auf eine Couch legt, um fernzusehen – hier muss man mit dem Oberlandesgericht München (- 20 U 5148/98 -) damit rechnen, dass man einschlafen kann. Wer sich bei brennenden Kerzen angetrunken/betrunken auf eine Couch zum Schlafen legt, handelt grob fahrlässig (Landgericht Coburg -13 O 714/07 -).

Fazit

Da sich Brandschäden schnell im zwei- oder dreistelligen Bereich bewegen, die Rechtsprechung jedoch nicht automatisch eine grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf die Haftung annimmt, wenn man brennende Kerzen zurücklässt, ist in jedem Falle die Einholung eines anwaltlichen Rates geboten, wenn die Versicherung sich auf grobe Fahrlässigkeit beruft und die Schadenregulierung ablehnt.

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